Allein unter Bäumen – Wandern im Thüringer Wald

Ich erinnere mich noch ganz genau an letztes Jahr Juni. Ich bekam mal wieder dieses Ich muss ausbrechen Gefühl und wollte ganz dringend sofort irgendwo alleine sein. Am besten in der Natur. Also habe ich mir eine Woche frei genommen, mir Wanderschuhe und ein leichtes Zelt gekauft und bin in den Thüringer Wald gefahren um dort den Rennsteig zu wandern.

Wandern im Thüringer Wald

Zuerst einmal muss ich sagen, dass das mein erster Urlaub in Deutschland (zumindest unterhalb der Elbe) war. Mal abgesehen von gelegentlichen Wochenenden weiter im Norden an Nord- oder Ostsee natürlich. Aber auch wenn ich aus Kosten und Zeitgründen beschlossen habe einfach in den heimatlichen Wäldern zu bleiben, kann ich abschließend sagen dass auch diese ihren Reiz haben.

Der Weg

Der Rennsteig ist ein recht anfängerfreundlicher Wanderweg, den man komplett in 9 Etappen von ca 10-20 km am Tag wandern kann. Recht sportlich, wenn man bedenkt, dass man erstmal ca. 800 Höhenmeter überwinden muss, um auf den Gebirgskamm hinauf zu gelangen. Meine erste Etappe sollte mich eigentlich bis zur Grenzwiese führen. Eine große moorige Landschaft hinter dem höchsten Punkt – dem Inselberg. 916 Meter hoch.

Auch wenn ich wirklich sehr trainiert bin, war das einfach zu viel vorgenommen. Der harte Anstieg und die ungewohnte Last auf den Hüften haben schon nach 10 Kilometern ihren Tribut eingefordert und meine Beine haben einfach versagt. Also habe ich mein Zelt in der ersten Nacht neben einer der vielen Schutzhütten aufgestellt und hatte von dort wirklich eine der sagenhaftesten Aussichten ins Tal. Und bei einer warmen Tütensuppe über dem Gaskocher sieht die Welt auch gleich schon wieder ganz anders aus!

Zelten am Rennsteig mit Aussicht
Zeltplatz mit Aussicht im Thüringer Wald

Generell ist der Weg aber sehr schön zu gehen, wenn man erst einmal über den Berg ist. Dann läuft man vor dem Abstieg fast ausschließlich auf einer Höhe und durchquert endlose Nadelwälder und wird mit sagenhaften Aussichten belohnt. Es gibt unzählige Schutzhütten, die ausnahmslos super gepflegt sind und wildzelten wird auch auf dem ganzen Weg geduldet. Jedoch sollte man sich vorher gut informieren, wo man sein Zelt aufschlagen kann, da der dichte Wald kaum mal durch Wiesen und Lichtungen unterbrochen wird.

Die 3 wichtigsten Erkenntnisse

Da dies meine erste richtige Wanderung war – vor allem die erste in der ich geplant hatte alleine zu zelten, habe ich mich natürlich viel bei Freunden umgehört und auch viel gelesen, um gut vorbereitet zu sein. Aber auf vieles kann man sich einfach nicht vorbereiten. Hier meine wichtigsten Erkenntnisse:

1. Essen und trinken

Irgendwie hatte ich erwartet, dass es auf dem Rennsteig eher touristisch zugeht. So mit Postkartenbuden alle paar Kilometer. Weit gefehlt. Essen hatte ich zwar für eine Woche dabei – hauptsächlich leichte Tütensuppen und Müsliriegel. Aber gerade mal alle 10 – 15 Kilometer gab es die Möglichkeit Wasser nachzufüllen. Was in den heißen Sommertagen bedeutete, dass ich 2-3 Liter Wasser und somit Kilo mehr auf dem Rücken hatte.

2. Gepäckgewicht

Auch wenn ich meinen Rucksack mit 11 kg (davon 2,3 kg Zelt) für einen Anfänger schon recht leicht gepackt hatte, gab es so einiges was ich getrost zu Hause hätte lassen können und einiges, was ich schmerzlich vermisst habe. Diese Erfahrung muss man wohl einmal gemacht haben schätze ich!

3. Alleine im Wald

Es gibt vieles was ich etwas unterschätzt habe. Dazu zählt nicht nur die eigene Fitness, sondern auch das Gefühl alleine und mit weitestgehend keinem Handyempfang mittem im Wald 10 km weg vom nächsten Resthof zu sein. Und trotz Sommer, kamen mir nur so selten Leute entgegen, dass ich eigentlich fast immer alleine war. Beängstigend, gerade wenn man alleine unterwegs ist – aber auch aufregend und spannend.

Wandern – Herausforderung für Körper uns Geist

Alleine unterwegs sein – gerade als Frau – ist schon etwas ungewöhnliches. Das zumindest gab mir jeder zu verstehen, den ich auf meiner Wanderung getroffen habe. Recht ungläubig haben sie dann immer gefragt, ob ich denn ganz alleine zelten würde. Wenn ich dann bejaht habe, kam die nächste Frage. Ob ich denn keine Angst hätte. Nein – zumindest nicht mehr Angst, als ich nachts alleine auf dem Heimweg auf St. Pauli habe. Statistisch gesehen ist wohl jede Straßenüberquerung gefährlicher. Trotzdem bin ich nur auf ungläubiges Kopfschütteln gestoßen und war zunehmend mehr verärgert darüber, denn alle männlichen Wanderer müssen diese Fragen nicht beantworten und werden danach vollkommen übertrieben als furchtlose Amazone gefeiert..

Aussicht vom großen Inselberg ins Tal
Alleine im Wald

Und ich werde wieder wandern gehen – immer wieder. Denn es wird zur Sucht. Nichts ist schöner als vollkommen alleine mit sich in der Natur zu sein. Den Körper zu spüren und eigene Grenzen zu überwinden – körperliche und mentale. Denn man darf das alleine sein nicht unterschätzen. Mein Kopf hat ununterbrochen mit mir geplappert. Alles kam hoch, auch die unschönen Gedanken und Erinnerungen. Aber das ist auch irgendwie gut so. Denn man hat ja jede Menge Zeit und nichts weiter zu tun, als einen Schritt nach dem anderen zu machen.

MerkenMerken

MerkenMerken

MerkenMerken

4 Kommentare bei „Allein unter Bäumen – Wandern im Thüringer Wald“

  1. Wow, das klingt nach einer wirklich tollen Erfahrung. Ich hätte wohl auch etwas Muffensausen. Nicht wegen dem Frau- und Alleinsein, aber vielleicht vor der Stille und dem, was sie so zu Tage fördern würde. Aber so eine Woche bewegt sicher so manches in einem. Spannend!

  2. Oh – du weckst in mir die Sehnsucht auch auszubrechen. Ich habe schon so lange Fernweh.. nach einfach weg, nach Natur, nach Kopf frei bekommen. Werde mir den Rennsteig im Hinterkopf behalten, falls es für mich möglich ist, demnächst auszubrechen 🙂

    Liebe Grüße,
    Susie.

  3. Wow, toller Post 🙂 Ich würde das auch gerne einmal machen, allerdings stecke ich da in einem Dilemma: Zum Einen würde ich gerne mal einige Zeit in der Natur sein, zum Anderen aber gehe ich überhaupt nicht gerne wandern und zelten 😀
    Hört sich aber nach einer tollen Erfahrung an!

    1. Danke, Maxi! 🙂
      Es gibt aber bestimmt auch Nature Camps bei denen man nicht wandern muss, sondern nur in der Natur lebt. Hast du mal nach sowas geschaut?
      LG
      Anni <3

Schreibe einen Kommentar